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Umwelt & Globale Gesundheit: Interview mit Dr. Jonathan Patz, Wissenschaftler des IPCC der UNO    Teil 2
Teil 1 ( 60 MB )
Teil 2 ( 55 MB )


Hallo umweltbewusste Zuschauer und willkommen bei „Planet Erde: unser liebevolles Zuhause“. Heute berichtet uns Dr. Jonathan Patz, ein weltbekannter Wissenschaftler, der die für Umwelt- und Gesundheitseffekte des Klimawandels erforscht, von den Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Menschheit, und wie wir mit der aufkommenden Krise umgehen können.

Dr. Patz besitzt zahlreiche akademische Ämter und ist in einige Organisationen in den USA und internationale Organisationen eingebunden. Als Professor für Umweltstudien und Erforscher der Volksgesundheit an der Universität von Wisconsin-Madison leitet Dr. Patz eine universitätsweite Initiative zur globalen Umweltgesundheit.
Er ist auch Assistenz-Professor der Abteilung für Umweltgesundheitswissenschaften an der John Hopkins Bloomberg Schule für öffentliche Gesundheit und Wissenschaftler am National Center for Atmospheric Research (NCAR).

Dr. Patz’ nicht-akademische Aktivitäten sind u. a. der Vize-Vorsitz beim Team der Gesundheitsexperten der USA zur nationalen Beurteilung der Klimaveränderlichkeit und des Klimawandels und er ist ein federführender Autor der Klimawandelberichte für die Vereinten Nationen/ World Bank Millennium Ecosystem Assessment, des Weltklimarates (IPCC) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Er schrieb mehr als 75 von Experten begutachtete wissenschaftliche Artikel über die Umwelt- und Gesundheitseffekte der globalen Erwärmung. Von 1996 bis 2000 war Dr. Patz Hauptforscher für die größte multi-institutionelle Studie in den USA zu den Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel.
Er informierte den US Kongress, das Weiße Haus und die Leiter der Bundesministerien über die Probleme bei der Umweltgesundheit. Seine Forschungsgebiete sind u. a. die Auswirkungen des Klimawandels auf die Luftverschmutzung, Hitzewellen und die Beziehung zwischen Entwaldung und wiederauflebende Krankheiten im Amazonasgebiet.

2007 erhielt Dr. Patz zusammen mit seinen Kollegen des IPCC-Berichts und dem ehemaligen US Vize Präsidenten Al Gore den Friedensnobelpreis für ihre Arbeit über den Klimawandel.

In einem Interview mit Supreme Master Television berichtete Dr. Patz über seine Forschung und sein Kenntnisse über die globalen Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen als aufgrund des sich verändernden Klimas.

Dr. Jonathan Patz: Viele Leute fragen: „Gibt es die globale Erwärmung wirklich?“ und ich bin zwar kein Klimatologe, aber ich bin beim IPCC, ich arbeite eigentlich seit ca. 15 Jahren mit Klimatologen zusammen und wir wissen, dass das Klima sich immer verändert.
Wie der berühmte Naturforscher John Muir sagte: „Da alles miteinander verbunden ist, und wir am gleichen Strang ziehen, finden wir alles im Universum miteinander verbunden.“ Und im Falle des Klimawandels und der Gesundheitsauswirkungen ist es ähnlich.

Vor Tausenden von Jahren vor dem Industriezeitalter blieben die Treibhausabgaskonzentrationen in der Atmosphäre der Erde auf einem relativ stabilen Niveau. Dennoch wird das zerbrechliche Gleichgewicht unserer Biosphäre durch die kohlenstoff- und methanintensiven Aktivitäten der Menschen gefährdet.

Dr. Jonathan Patz: Klimatologen sagen uns, dass es ein drängendes Problem ist, dass wenn wir nicht wirklich unser Energiesystem in den nächsten zehn Jahren „entkohlen“, das Tempo der Erwärmung und das Temperaturniveau, das wir erhalten, ziemlich signifikant werden könnten.
Die Ausmaß, um das es ungefähr in den nächsten 90 Jahren geht, liegt zwischen 1,5 und 6 °C. Als globaler Durchschnitt ist das eine riesige Menge.
In der Eiszeit war es nur 2 Grad kühler als heute. Also sprechen wir jetzt von rapider Erwärmung innerhalb des nächsten Jahrhunderts.
1,5 bis 6 °C als eine globale, durchschnittliche Steigerung gab es noch nie.

Bezüglich der möglichen Konsequenzen durch eine solch rapide globale Erwärmung macht der IPCC-Bericht der Vereinten Nationen von 2007 verschiedene Vorhersagen. Dr. Patz glaubt dennoch, dass die reale Situation ernsthafter sein könnte als es die Einschätzungen im Bericht darstellen.

Dr. Jonathan Patz: Was die Klimatologen im IPCC-Bericht sagen, ist, dass die Arktis rapide schmilzt und das natürlich den Eisbären bedroht. Natürlich ist der Eisbär aus meiner Sicht, der Eisbär ist eine wichtige Spezies, die jetzt als bedrohte Spezies anerkannt werden muss.
Aber aus meiner Sicht sind sie nicht die einzige Spezies, um die wir uns sorgen sollten. Ich denke, wir sollten uns um unsere eigene Spezies sorgen.
Bei den Klimatologen, die den IPCC führen handelt es sich um Hunderte von Klimatologen aus wirklich den besten Klimainstituten weltweit; das Dokument ist ihre übereinstimmende Meinung.

Und sie sind sich einig darüber; ich meine eine große Mehrheit dieser Klimatologen stimmt mit den Ergebnissen des IPCC überein und dann durchläuft es vielfache Runden der Expertenbegutachtung und Regierungsprüfungen.
Und auf diese Weise wird es ein Konsens-Dokument. Um einen Konsens und die IPCC-Befunde zu erhalten, ist der Bericht eher sehr konservativ.
Zum Beispiel wird die Steigung des Meeresspiegels für die nächsten hundert Jahre auf ca. einen halben Meter vorausgesagt und betrachtet dabei nur die thermale Ausdehnung des Ozeans. Da das warme, salzige Meerwasser sich ausdehnt durch die Erwärmung, ist dies die Höhe des Meeresspiegelanstiegs – fast nur durch thermale Expansion. Nicht in der Zahl enthalten ist das Potenzial für plötzlichere und katastrophalere Arten des Meeresspiegelanstiegs.

Mit dem Anstieg des Meeresspiegels und dem vermehrten Auftreten von Wetterextremen kann erwartet werden, dass die Lebensgrundlagen vieler Leute ernsthaft bedroht werden.

Dr. Jonathan Patz: Es gibt verschiedene Orte auf der Welt, die verschiedene Bedrohungen und Verwundbarkeiten erleben werden.
Zum Beispiel durch den Anstieg des Meeresspiegels werden tiefliegende Deltas wie Bangladesch – der Großteil des Landes Bangladesch liegt in einem tiefliegendem Delta – also wird der Großteil des Landes unter Wasser sein.
Für Deltas entlang China, die Küste Chinas, besteht eines hohes Überflutungsrisiko. In den westlichen Vereinigten Staaten ist eine der größten Bedrohungen dort die Minderung des Schnees und die Verfügbarkeit von Wasser. Und viele Teile der mittelkontinentalen Regionen werden Dürren erleiden.

Laut wissenschaftlicher Studien ist das Problem der globalen Erwärmung extrem erdrückend für die Menschheit geworden. Klimatologen aus aller Welt drängen zu sofortigem Handeln, um die globale Erwärmung zu bremsen.

Dr. Jonathan Patz: Wir müssen wirklich schnell unseren Energienverbrauch reduzieren, um dem Rest der Welt zu signalisieren, dass wenn wir es tun können und vorangehen, auch sie es können.

Wir sind an einem Wendepunkt, wo das Bewusstsein hinsichtlich der Gefahr der globalen Erwärmung sehr hoch ist, und wir müssen darauf reagieren. Wir müssen auf einer persönlichen Ebene handeln, auf der lokalen Ebene, der Stadtebene, der nationalen Ebene und der internationalen Ebene.

Die Wahl unserer Transportmittel, die Begrünung unserer Häuser, unseres Arbeitsplatzes, die Reduzierung des Fleischverzehrs, dies sind alles Dinge, die der Einzelne tun kann.
Gemeinden können sichere Wege zur Schule verlangen und Repräsentanten wählen, die verantwortlich sind, was die Langzeit-, Umwelt- und Gesundheitsthemen betrifft.
Und auf der nationalen Ebene müssen wir wirklich erkennen, dass dies ein internationales Problem ist, dass es wirklich ein globales Problem ist, dass wir aussagekräftige, internationale Verhandlungen brauchen.

Bei der Bekämpfung des Problems der globalen Erwärmung gibt es einige Punkte. Einer ist natürlich die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Wir brauchen mehr effizientere Energiesysteme, wir müssen davon wegkommen Kohle und Öl zu verbrennen, wir brauchen nachhaltige Energie.
Aber da gibt es einen weiteren Punkt: die Landnutzung. Und Abholzung trägt tatsächlich ungefähr zu einem Viertel des Problems bei. Wenn wir die Wälder abholzen und der Kohlenstoff in diesen Bäumen eingesperrt ist, dann führt das zu Treibhausgasemissionen, die ungefähr 20-25 % des Problems der globalen Erwärmung ausmachen. Ich würde nicht zu sehr von der Technologie abhängen wollen. Ich meine, das Erste, was wir tun müssen, ist Energie sparen; es ist nicht die Technologie.

Es geht um die Reduzierung des Wasserverbrauchs. Man braucht eigentlich viel mehr Kohlenstoff und Energie, um eine Gallone Trinkwasser zu reinigen; also einfach Wasser zu sparen, Energie zu sparen beim Heizen des Hauses, durch isolierende Rolläden an den Fenstern, durch thermische Solaranlagen auf dem Dach.

Eine Hauptursache für die Abholzung der Wälder ist die Fleischproduktion. Als Experte für öffentliche Umwelt-Gesundheit ist Dr. Patz die Rolle der vegetarischen, also tierfreien Nahrung, sehr wichtig, wenn es darum geht, die globale Erwärmung zu bremsen und die Volksgesundheit zu fördern.

Dr. Jonathan Patz: Der Bereich der Welternährungsorganisation (FAO), der herauskam, zeigt, dass der Fleischverzehr und die Viehzucht für den Fleischkonsum extrem energieintensiv sind. Es war etwas schockierend, wie hoch es war mit 18 % der Treibhausgase. Ich würde sagen, dass das ein sehr bedeutsames Problem ist; und wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass die Eiweißproduktion durch die Tierzucht auch einen sehr hohen Wasserverbrauch bedeutet – im Vergleich mit der Produktion derselben Menge Protein aus Gemüse. Ich denke, es liegt in der Größenordnung von 7 oder 8 Mal mehr Energie, die zur Produktion nötig ist. Mit anderen Worten: Es ist recht aufwändig hinsichtlich der natürlichen Ressourcen und des Energieverbrauchs, Rindfleisch zu produzieren.

Was die Umwelt-Verantwortung angeht, würde ich sagen, dass sich Viehzucht als recht energieintensiv gezeigt hat, als wasserintensiv und landintensiv; indem man Wälder zu Weideland machte, wurde ein großer Teil unserer Landschaft verändert.
Eigentlich hat die Landwirtschaft alleine die Landschaft des Planeten mehr verändert, als irgendein anderer Faktor. Ich wäre also dafür, vom Fleischverzehr wegzukommen, da er wirklich nicht zukunftsfähig ist; und nicht nur das, wir wissen aus der westlichen Ernährung, dass zu viel Fleisch nicht gut für uns ist, und es Probleme mit Herzkrankheiten und Krebs gibt.

Supreme Master TV: Und Diabetes.

Dr. Jonathan Patz: Und Diabetes, ja, Fettleibigkeit, Diabetes. Und wenn wir den Fleischverbrauch reduzieren könnten, dann könnten wir die Umwelt schützen und auch unsere persönliche Gesundheit verbessern und das Risiko für diese chronischen Krankheiten reduzieren.

Wenn unser Klima nicht im Gleichgewicht ist, dann wirkt sich das auf viele andere Faktoren aus, die sonst ein gesundes Ökosystem in der Erhaltung des Lebens unterstützen.

Dr. Jonathan Patz: Wenn wir beispielsweise an Infektionskrankheiten denken, dann sind die Mehrzahl der neu aufkommenden menschlichen Seuchen eigentlich Zoonosen.
Das sind also Tierseuchen, die auf eine andere Spezies überspringen und unsere Gesundheit beeinträchtigen. Und wenn wir die Klimabedingungen ändern, wenn wir den natürlichen Lebensraum ändern, die Artenvielfalt, können wir tatsächlich ein höheres Risiko haben, dass neue Seuchen aufkommen.

Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben: HIV/AIDS kam von nicht-menschlichen Primaten. Es konnte bis auf die Jagd auf Buschfleisch in Afrika zurückverfolgt werden, dass dies ein Virus war, der in nicht-menschlichen Primaten war. Er sprang aufgrund der menschlichen Aktivitäten, durch die Jagd auf das Fleisch anderer Spezies über.
Masern, Tuberkulose, all dies kam auf, als wir Tiere zähmten. Sie waren in den Tieren und gingen auf Menschen über. Es gibt Studien, die schätzen, dass ca. 75 % der neuen Krankheiten der Menschen eigentlich von Tieren stammen.

Da sich die Beweise häufen, dass der Gebrauch und Anbau bestimmter Feldfrüchte als Kraftstoffquelle nicht nachhaltig ist, werden die ökologischen Auswirkungen der Entwicklung von Biotreibstoffen stärker untersucht.

Dr. Jonathan Patz: Es gibt mittlerweile Entwaldung in alarmierendem Umfang zur Förderung der Ölpalme in Südostasien, insbesondere in Indonesien, denke ich, aufgrund der Nachfrage nach der Ölpalme für Biotreibstoff, aber die Ölpalme wird auch für Lebensmittel genutzt.
Deshalb ist es dringend, dass wir intakte Wälder wertschätzen. Diese Idee der Emissionsreduzierung durch die Erhaltung natürlicher Regenwälder ist äußerst wichtig.
Es ist dringend, dass wir diese Botschaft hinaustragen.

Und vielleicht können wir die Zahl der Palmölplantagen senken. Und natürlich wird in anderen Regionen der Welt Biotreibstoff angebaut – es gibt gute und schlechte Arten. Es gab kürzlich eine Studie, bei der sich herausstellte, dass das Produzieren von Biotreibstoff nach hinten losgehen kann, wenn wir zum Beispiel den falschen Biotreibstoff nehmen; schauen wir uns nur Äthanol aus Mais an. Es hat eine sehr geringe Nettoenergieausbeute. Wenn man die Energie zum Anbau des Getreides und zur Herstellung des Düngers bedenkt, glaube ich, geht ca. eine Energieeinheit rein, und man bekommt 1,2 Einheiten raus; das ist es nicht wert.
Und dann verschmutzt man die Umwelt, mehr und mehr Dünger gelangt in den Mississippi, dann in die Tote Zone, im Golf von Mexiko; es gibt wirklich falsche Wege, Biotreibstoff herzustellen. Es gibt aber auch einige nützliche Wege, Biotreibstoff zu machen. Man sollte sicher gehen, dass wir das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. Wir müssen also sehr darauf achten, wie wir CO2-freie Energie herstellen und von den fossilen Brennstoffen wegkommen können – was wirklich notwendig. Viele Bereiche, beginnend mit der Erhaltung der Wälder, über die Senkung des Fleischkonsums, umweltfreundlichere und gesündere Städte bis hin zur Verbesserung der Transportmittel, brauchen, an vielen Fronten bedarf es dieser Art mehrgleisiger Vorgehensweise, um das Problem zu lösen.

TEIL 2

Dr. Jonathan Patz: Der Klimawandel ist eine gänzlich andere Art der Gesundheitsgefährdung verglichen mit dem, womit wir es für gewöhnlich zu tun haben. Wir sind es gewohnt, Impfstoffe, Arzneimittel und Heilungen für bestimmte Krankheiten zu suchen, aber wenn wir das Klima der Erde stören und dadurch Lebensräume und Ökosysteme beeinflussen, in denen Krankheiten auftreten könnten, da könnte es größere Folgen geben.
Deswegen kann ich mit einigen direkten Auswirkungen anfangen. Wir wissen, dass Menschen bereits durch Hitzewellen sterben. Die Hitzwelle, die Europa 2003 traf, tötete über 70.000 Menschen in weniger als 2 Wochen. Das ist eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit. Und diese Hitzewelle war beispiellos.

Der Sommer lag so weit über dem normalen Niveau der Sommertemperaturen in Europa, dass Klimatologen, die untersuchten, wie extrem dieser Vorfall wirklich war – obwohl man nicht einmal eine einzige Hitzewelle oder einen Sturm oder Orkan der globalen Erwärmung zuschreiben kann – sagten, dass durch die erwärmenden Treibhausgase, die wir in die Luft gepumpt haben und die globale Erwärmung verursachen, die Wahrscheinlichkeit sich verdoppelt hat, ein solch extremes Ereignis wieder zu erleben.
Die Klimaforscher weisen also darauf hin, dass wir so etwas wie dieses Ereignis in Europa in Zukunft vermehrt erwarten können. Die andere Sache ist: Die Menschen sprechen über extreme Stürme und diese katastrophalen Stürme verursachen – und das ist ein weiteres Gesundheitsproblem – posttraumatischen Stress. Menschen sterben in Orkanen und Taifunen und Überschwemmungen. Und dann haben sie keine Unterkunft. Die Belastung der seelischen Verfassung ist also ziemlich schwerwiegend. Das ist es, was wir vom Klimawandel erwarten können. Die Klimatologen erinnern uns daran, dass es nicht nur um den Temperaturanstieg geht. Es sind die Extreme in den Klimavariabilitäten: mehr Überschwemmungen, mehr Dürren, mehr extreme Hitzewellen. Und wir werden auch noch Kältewellen haben. Aber diese extremen Klimavariabilitäten sind auch verheerend für die menschliche Bevölkerung.

Der Anstieg der globalen Lufttemperatur würde auch die Luftverschmutzung verschlimmern und zu damit verbundenen Gesundheitsproblemen führen.

Dr. Jonathan Patz: Die meisten Leute denken, dass Luftverschmutzung aus dem Schornstein oder aus dem Auspuff ihres Autos kommt; und hoffentlich fährt man öfter mit einem Rad als Auto. Aber es gibt etwas anderes, es gibt einen sekundären Schadstoff, das Ozon, bodennahes Ozon. Photochemischer Smog ist ein sekundärer Schadstoff. Es entsteht, wenn Stickstoffoxide, Verunreinigung aus dem Auspuff Ihres Autos sich mit flüchtigen organischen Verbindungen – VOCs – wie unverbrannten Benzindämpfen, mischen. Sie verbinden sich an der Luft und mit Sonnenlicht und ausreichend hohen Temperaturen verursachen sie Smog, es kommt zur Smogverschmutzung. Das ist genau genommen Ozon, brauner Dunst. Und das ist extrem temperaturabhängig. Wenn wir unsere Luftverschmutzung, das Verbrennen von Kohle und von Gasolin und von Öl reduzieren, dann werden wir hoffentlich nicht noch mehr Luftverschmutzung erleben. Aber wenn die Emissionen konstant sind, – angenommen sie bleiben konstant – kann die Erwärmung der Luft die bodennahe Ozonverschmutzung erhöhen, das bringt ein Atemwegsproblem.

Eines der gravierendsten durch Klimawandel verursachten Gesundheitsprobleme heutzutage, die die Experten beunruhigen, ist die Kontrolle der Verbreitung ansteckender Krankheiten in einer sich erwärmenden Welt.

Dr. Jonathan Patz: Ansteckende Krankheiten, besonders durch Krankheitsüberträger, z.B. Insekten oder Nagetiere, reagieren höchst empfindlich auf feine Klimaveränderungen. Moskitos sind Kaltblütler, die jeweilige Lufttemperatur ist gleichzeitig die Körpertemperatur eines Moskitos. Und Moskitos übertragen viele Krankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber, den West-Nil-Virus, die Japanische Enzephalitis. Das sind alles Krankheiten, die von Krankheitsüberträgern verbreitet werden und sehr abhängig von Temperatureinflüssen sind.

Und natürlich kann der Klimawandel Krankheiten beeinflussen, die sowohl durch Tiere als auch über das Wasser übertragen werden. Zu den Extremen des Wasserkreislaufes sagen die Klimatologe, dass es ist nicht nur um die Temperaturen geht, sondern auch um die warme Luft, die sich schnell vom Erdboden verflüchtigt, so dass man mehr Dürren hat.
Aber wann bekommen wir unsere größten Gewitter? Wenn es richtig heiß ist, weil warme Luft mehr Feuchtigkeit hält; wenn es dann regnet, dann kann es richtig stark regnen. Extreme in den Wasserkreisläufen, mehr Dürren und mehr Überschwemmungen, können zu Krankheitsproblemen führen, die durch Wasser übertragen werden.

Wir haben jetzt also gewissermaßen dargestellt, wie wichtig die Umweltfaktoren wirklich sind. Und wenn wir das Gleichgewicht verschieben, wenn wir z.B. einen Wald abholzen und die Artenvielfalt verändern, könnten krankheitserregende Belastungen durch Krankheiten auftauchen, wenn eine Spezies eine andere in Schach hält.
Wenn man eine Spezies beseitigt – z.B. die Anopheles darlingi-Mücke im Amazonas, die ironischerweise Darlingi heißt, aber die gefährlichste Stechmücke Südamerikas ist – wenn man den Wald abholzt, dies besagt eine Studie, die wir im peruanischen Amazonas machten, dann kann man den Lebensraum so verändern, dass dieser Moskito über andere Moskitospezies dominiert, was ein Malariarisiko ist. Wir sehen also, dass wenn wir die Umwelt stören, einige Krankheiten zurückgehen könnten, aber in vielen Fällen werden sie zunehmen. Und der Klimawandel, durch die Störung des Erdklimas, hat weltweite Auswirkungen auf den ökologischen Wandel.

Die Weltgesundheitsorganisation bemühte sich um eine Einschätzung zu folgender Frage: Wie sehr haben sich Krankheiten durch die Erwärmung durch Treibhausgasemissionen in den letzten 30 Jahren verändert? Wie haben sich die wärmeren Temperaturen von 1970-2000 auf die öffentliche Gesundheit ausgewirkt? Sie haben sich klimaempfindliche Krankheiten angeschaut. Sie untersuchten Hitzewellen, sie bezogen sich auf Malaria, Durchfallerkrankungen, Unterernährung und auf Überschwemmungsopfer. Tatsächlich haben sie aus der endgültigen Analyse die Hitzewellen herausgenommen und sich nur Unterernährung, Durchfallerkrankungen, Malaria und Überschwemmungen angeschaut. Bei sehr konservativen Schätzungen folgerten sie, dass bereits heute 166.000 Menschen pro Jahr allein durch die Erwärmung sterben, die in den letzten 30 Jahren stattgefunden hat.
Diese Zahlen schließen nicht die Hitzewellen, die Luftverschmutzung und durch Wasser übertragene Krankheiten ein, über die wir sprachen, auch nicht das Problem der Umweltflüchtlinge. Es ist also eine konservative Schätzung.

Wissenschaftlichen Forschungen und Beobachtungen entsprechend gibt es weitere Zeichen dafür, dass der Klimawandel in manchen Gebieten das Krankheitsrisiko erhöht, die durch Krankheitsüberträger verbreitet werden.

Dr. Jonathan Patz: Es gibt ein paar Fälle, wo wir Krankheitsüberträger wie die Aedes egyptae-Stechmücke oder die Aedes albopictus-Stechmücke gesehen haben. Die asiatische Tiger-Stechmücke ist in ihrer geographischen Verbreitung durch tiefe Temperaturen begrenzt. In dem Maße, wie die Temperaturen steigen und die Gebiete, in denen es zum Gefrierpunkt kommt, sich mehr und mehr in Richtung der Pole verlagern, weitet diese Stechmücke ihren Lebensraum aus.
Diese Stechmücke wird auch in Reifen um die Welt verschifft. Daher hat auch der internationale Transport damit zu tun.
Eine Krankheit bei Nutztieren, die vor kurzem in Europa auftauchte, wird Blauzungenkrankheit genannt. Sie befällt Rinder und zeigt eine Ausbreitung nach Norden. Nach Forschungsberichten ist das eine Krankheit, bei der Wissenschaftler davon ausgehen, dass die allmähliche Erwärmung in direkter Beziehung zur Verbreitung dieser Krankheit steht.

Mit zunehmenden Wetterextremen durch die globale Erwärmung wird vorhergesagt, dass in naher Zukunft Krankheiten und Probleme, die damit in Beziehung stehen, in der öffentlichen Gesundheit auftreten.
 
Dr. Jonathan Patz: Klimatologen sagen, dass die globale Erwärmung nicht nur ein allmählicher Temperaturanstieg ist, sondern eine Zunahme in der Häufigkeit von extremen Ereignissen – seien es Hitzewellen, Überschwemmungen oder Dürren. Es ist eine gesteigerte Häufigkeit extremer Ereignisse.
Viel von dem Wissen über Gesundheit, das wir heute haben, basiert auf der natürlichen Variabilität des Klimas; etwas wie ein El Niño kommt alle drei bis sieben Jahre vor und bringt extremes Klima in verschiedenen Teilen der Welt. Wir können uns anschauen, was bei einem El Niño Ereignis geschieht, was mit Cholera passiert, was mit Durchfallerkrankungen geschieht, was mit Malaria in einigen Teilen der Welt geschieht, die unjahreszeitliches Klimas haben – abnormales Klima, extremes Klima.
In vielen Fällen sehen wir bedeutsame Reaktionen darauf. Wir wissen, dass Dengue-Fieber, Malaria und andere Krankheiten klimaempfindlich sind. Wenn das Klima extrem wird, kommt es zu einer Reaktion.

Wir sehen in vielen Fällen eine Zunahme der Krankheiten. Ein Thema, das mich ängstigt, ist: Wenn wir eine Zunahme an Stürmen, Zyklonen und den Anstieg des Meeresspiegels kombinieren, dann gibt es viele Küstengemeinden, die vertrieben werden. Die Leute werden gezwungen umzuziehen. Wir wissen aus vielen Studien zur öffentlichen Gesundheit, dass es große Krankheitsbelastungen gibt, wenn Völker umziehen müssen: das Flüchtlingsthema. Entweder ziehen sie an Orte, wo sie nicht immun sind gegen bestimmte Krankheiten, oder sie bringen Krankheiten an neue Orte mit. Sie haben kein Obdach. Es gibt einen Zusammenbruch der Gesundheitsressourcen und der Infrastruktur. Es ist sehr schwierig, hier mit Zahlen zu agieren und dieses Thema zu untersuchen. Ich nenne sie Umweltflüchtlinge: erzwungene Vertreibung von Populationen durch Umweltkatastrophen.
Aber um ehrlich mit Ihnen zu sein, das könnte der Eisberg unter der Spitze des Eisberges sein. Die klimaempfindlichen Krankheiten und die Hitzewellen sind sehr wichtig, doch hier reden wir über die Vertreibung von riesigen Bevölkerungen und dem Zusammenbruch insbesondere der Küstensiedlungen.
Ich denke, mehr als 50 % der Weltbevölkerung lebt in nur wenigen Kilometern Entfernung zur Küste. Das könnte ein weiteres riesiges Thema sein. Wir haben darüber keine Zahlen, doch dieses Thema der erzwungenen Migration könnte ungeheuer sein.

Obwohl Dr. Patz seine tiefe Besorgnis über die mit der globalen Erwärmung verbundenen Probleme äußerte, hat er Hoffnung für die Zukunft der Menschheit.

Dr. Jonathan Patz: Beim Anpacken des Klimawandels haben wir tatsächlich gewaltige Möglichkeiten. Wir wollen aktiv sein und einige dieser Krankheiten im Vorfeld verhindern. Denken wir also über bessere Energiesparmöglichkeiten nach, über die Reduktion der fossilen Energiegewinnung, die Reduktion der Treibhausgase, die die globale Erwärmung verursachen.
Indem wir dieses Energiethema angehen, können wir effektiveren Transport erreichen, wo die Menschen sich mehr bewegen. Man hat also diesen großen Vorteil der Bewegung, der geistigen Gesundheit, der Bildung von Gemeinschaften. Auf diese Weise besteht ein Anreiz, unsere Viertel und unsere Städte gesünder zu machen, während wir den Klimawandel angehen.

Vielen Dank, dass Sie die heutige Folge von „Planet Erde: unser liebevolles Zuhause“ gesehen haben. Unsere Sendung wird jeden Mittwoch hier auf Supreme Master Television ausgestrahlt. Bitte bleiben Sie bei uns. Es folgt „Erleuchtende Unterhaltung“, direkt nach „Bemerkenswerte Nachrichten“. Viel Erfolg für die umweltfreundlichen Anstrengungen zur Wiederherstellung der Zukunftsfähigkeit unseres Planeten.

Links zu diesem Thema
 
Dr. Rajendra Pachauri, Vorsitzender des IPCC der UNO über eine Win-Win-Situation für den Planeten: Werdet Vegetarier!
 
An Interview with Dr. Kirk Smith, Professor of Global Environmental Health at UC Berkeley
 
Planet Erde: unser liebevolles Zuhause Dramatische Schmelze des arktischen Meereises: Interview mit Dr. Greg Flato - Teil 1
 
Planet Erde: Die lebenswichtige Rolle des Eises im arktischen Meer:Interview mit Dr. Mark Serreze - Teil 1
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